Januar

Da liege ich also im Zelt, das, obwohl für zwei Personen gedacht, keinen allzu geräumigen Eindruck macht. Na gut, größer als unsere alte „Hundehütte“, die wir damals im Urlaub an der Ardèche hatten, ist es allemal. Und damit auf jeden Fall groß genug. Die Isomatte ist bequemer, das aufblasbare Kissen sinnvoll.

 

Nach einer Stunde klingelt der Wecker. Ich habe zwar nicht geschlafen, kann mir aber vorstellen, dass das klappt, wenn ich müde genug bin. Und mich daran gewöhnt habe. Ich schäle mich aus dem Zelt. Der Verkäufer des Outdoorladens ist interessiert und fragt, wie ich das Probeliegen fand, er bezeichnet es als Power-Nap, ich hätte mir wohl noch mehr Zeit lassen dürfen. Etwas später gehe ich um ein paar hundert Euro ärmer, dafür bepackt mit Zelt und Thermomatte samt Pumpsack im Schneegestöber nach Hause. Es war eben "nur" ein Probeliegen.

 


Februar - Bad Urach-Reutlingen

Ich packe meinen Rucksack. 17 Kilogramm Gewicht sind ein ordentlicher Brocken, das merke ich recht schnell. Eine Probewanderung soll mir zeigen, was geht. Mit dem Marsch zum Bahnhof in Reutlingen und ein paar Umwegen komme ich am Ende auf etwa 22 Kilometer. Das ist so ungefähr die Strecke, die ich mir als Tagesetappe für die große Wanderung ausgedacht habe.

 

Es ist eine schöne Wanderung, das Wetter macht mit, ich habe gute Laune - und bin froh, dass ich auf einem Weg bin. Gleich am Anfang geht es steil bergauf und ich komme trotz der niedrigen Temperaturen schnell ins Schwitzen. Auf dem Weg nach oben erwarte ich fast, Frodo und seine Frende zu entdecken. Oder doch ein paar Orks?

 

Einmal oben auf der Alb angekommen geht es fast eben weiter. In Eningen gönnen ich mir eine längere Pause in einem Café. Danach schafft mich die letzte Steigung in Richtung Achalm endgültig. Am Ende weiß ich: Das war heute die Grenze für meine recht untrainierten Körper. Nicht die Distanz, das wird gehen. Aber das Gewicht und die Höhenmeter haben mir zugesetzt. Zum Glück geht es in Norddeutschland erst einmal recht eben zu, ohne Steigungen oder Gefälle. Wenn ich dann in die Mittelgebirge komme, oder mich später an die Zugspitze wage, dann, so hoffe ich, habe ich genug Training hinter mir, um das zu schaffen. Und das Gewicht der Ausrüstung will ich auf 12 Kilogramm begrenzen. Plus Lebensmittel und Wasser. Mal sehen, ob ich das schaffe ...

 


März - Testmonat

Es gibt tatsächlich einiges zu testen. Allem voran die mir fast wichtigste Frage: Was gibt's zu essen?

 

Also bestelle und kaufe ich Tütensuppen, Instant-Pasta und mehr. Und probiere mich durch. Auf den Geschmack kommt es an - der rangiert von "kann man machen" bis richtiggehend eklig, ohne anschließendes Zähneputzen nicht zu machen. Aber auch darauf: Wie leicht ist die Zubereitung? Einfach aufgießen oder noch kochen? Kochen heißt: Zusätzlichen Gasverbrauch - und damit Gewicht.

 

Außerdem teste ich - erfolgreich :-) - den Zeltaufbau. Im Wohnzimmer, und daher ohne Heringe. Aber immerhin.

 

Und die Luftmatratze wird ebenfalls getestet. So stehe ich bei meinem ersten öffentlichen Zelten hoffentlich nicht als komplettes Greenhorn da. Wir werden sehen.

 



April

Ende April: Es ist kalt draußen und die Vorbereitungen laufen. Die letzten Einkäufe sind erledigt, Pflanzen in Kurzzeitpflege geben, das Zelt ist noch mal ausprobiert. Ich bin gespannt darauf, wie sich das Wetter entwickeln wird. Im Moment ist es ziemlich kalt, regnerisch, windig: kein Wetter, das Lust darauf macht, draußen zu wandern. Zumal im hohen Norden der Republik.

Die Route habe ich nochmals leicht angepasst und auf Tagesetappen aufgeteilt. Die Wanderapp gibt die zu laufende Strecke mit insgesamt knapp 1500 Kilometern an, 30 davon auf Sylt, 25 vom Haldenwanger Eck nach Oberstdorf. Ich gehe davon aus, dass ich etwa 20 Kilometer am Tag laufen werde; die gut 1400 Kilometer von Klanxbüll ans Haldenwanger Eck habe ich daher auf 70 Etappen aufgeteilt. 70 Tage wandern. Plus ein paar Ruhetage, plus eine Woche, die ich die Reise unterbrechen werde - das wird mich nach etwa 90 bis 100 Tagen wieder zurück nach Hause bringen. Also irgendwann Ende Juli, Anfang August. Ich bin gespannt ...

Verwandte, Freunde und Bekannte fragen, ob ich nervös bin, Reisefieber hätte. Seltsamerweise überhaupt nicht. Alle Vorbereitungen, an die ich gedacht habe (Post umleiten, Zeitung, Pflanzen in Kurzzeitpflege geben etc.), sind erledigt. Mal sehen, an was ich nicht gedacht habe.