Es ist da, das Reisefieber. Es hat sich mit dem Packen heute eingestellt und ausgebreitet. Habe ich alles dabei, was ich brauche? Habe ich zu viel mitgenommen? Wer wird mir fehlen, wer mich wenigstens zeitweise begleiten? Mit welchen Schwierigkeiten werde ich konfrontiert werden?
Schaffe ich es überhaupt? Ich kann mir vorstellen, dass die erste Woche ziemlich gut wird: Alles ist neu und spannend. Und eine Woche Wandern habe ich ja letztes Jahr schon hinter mich gebracht und überlebt. Zugegeben, mit deutlich weniger Gepäck. Und mit geplanten Unterkünften. Und nicht alleine.
Die zweite Woche wird womöglich etwas nervig, die dritte vielleicht schon eine, die ein Durchbeißen erfordert. Kehre ich dann schon um? Mal sehen ...
Packtag ...
"Vorher", ohne Verpflegung
Packtag: "Nachher", mit Verpflegung.
Das Ziel war: 12kg Ausrüstung, dazu noch die Verpflegung.
Auf die Waage kommen 15kg inklusive Verpflegung. Das hat also schon mal gut geklappt :-)
Im Zug von Stuttgart nach Klanxbüll habe ich massig Zeit mir zu überlegen, was ich so alles vergessen habe. Es dauert eine Weile bis die Liste steht, und wahrscheinlich ist es auch noch nicht alles: Zunächst mal löslicher Kaffee in Portionsgrößen; das ist aber durchaus verkraftbar. Dann der Spaten, falls mal keine Toilette in der Nähe ist. Und schließlich - typisch für mich - der Schlafanzug. Ist aber alles nicht so wild. Am ersten richtigen Tourtag, der mich durch Sylt führen wird, stehe ich früh auf: Um 6: 30 Uhr klingelt der Wecker. Viel zu früh und das wird noch eine ganze Weile so gehen. Um 7: 40 Uhr geht der Zug und bringt mich nach Westerland. Mit dem Bus geht es ganz in den Norden der Insel. Von der Haltestelle sind es noch mal etwa 5 km bis ich wirklich den nördlichsten Punkt der Republik suchen kann. Der Weg führt schön am Strand lang und ist ein bisschen beschwerlich, weil auf dem Sand zu laufen einfach mehr anstrengt als alles andere. Ich gehe vorbei an einer Ansammlung von Seezeichen, die da irgendwo in den Strand gerammt sind und wundere mich darüber. Ich gehe weiter weil mein Navigationssystem mir sagt, dass es noch ein paar Meter sind. Als ich diese paar Meter zurückgelegt habe, staune ich nicht schlecht, denn da ist nichts. Wenigstens mit einem Schild habe ich schon gerechnet. Stattdessen darf ich nicht weitergehen, weil hier ein Schutzgebiet beginnt. Und trotzdem muss hier irgendwo in der Nähe die Stelle sein, die ich suche. Ich finde nichts. Also mache ich mir kurzerhand meine eigenen nördlichste Stelle der Republik, indem ich auf dem Navi gucke, wo ich bin, dann einen Pfeil in den Boden male und ein "N" daneben schreibe. Ein Selfie beweist, dass ich auch wirklich hier war. Schließlich gehe ich zurück, wieder vorbei an den in den Boden gerammten Seezeichen. Ich bin neugierig und gehe dann doch mal dahin. Siehe da: Da ist selbstverständlich das Schild, das die nördlichste Stelle kennzeichnet. Wieder was gelernt.
Eine Fehlfunktion meiner Kamera bringt mir in Westerland einen Umweg von etwa 3 km ein, denn dort gibt es einen Fotohändler der sich mit der Kamera wohl auskennen soll. Ein bisschen skeptisch bin ich schon: Auf der Webseite wird ein Fotohändler in einem Vodafone-Laden beworben. Na gut, die Chance nutze ich trotzdem. Allerdings: so richtig als Chance erweist sich das nicht, denn der freundliche Verkäufer erklärt mir, das mit dem Fotoladen stehe nur auf der Webseite. In Wirklichkeit verkaufen sie gar keine Kameras mehr. Und reparieren können Sie sowieso nicht, und sie kennen sich auch überhaupt nicht damit aus. Diesen ganzen Tag habe ich mit Handy fotografiert, und so wird es dann wohl weitergehen. Als letzte Rettung hole ich mir telefonisch Support von einem Bekannten, der die gleiche Kamera hat. Ich lerne: der Fehler saß wieder einmal vor dem Gerät.
Der Norden von Sylt ist tatsächlich sehr schön, denn er steht komplett unter Naturschutz. De Häuschen in den Städten sind total süß. Allerdings erschließt sich mir trotzdem noch nicht, warum hier alles so teuer ist. Westerland geht so, ist nett, aber ich finde es gibt schönere Städte.
Jedenfalls bin ich nach den 35 Kilometern, die ich heute hinter mich gebracht habe, ziemlich k.o. Auch wenn ich ohne Gepäck gewandert bin. Ich freue mich auf die heiße Dusche
Am nächsten Morgen habe ich das erste Mal den schweren Rucksack auf dem Rücken, und eine Etappe vor mir, die mich nach 18 km nach Dagebüll bringt. Die Wanderung ist ziemlich langweilig: Es geht kilometerlang zwischen Düne und Meer entlang, lediglich die Schafe bieten ein bisschen Abwechslung.
Auch heute bin ich ziemlich platt. Mal sehen, wo ich noch was zu Essen herkriege, den Tag werde ich sicherlich früh beenden.
Weiter geht's. Der Wirt des Hotels fragt, wohin. "Bredstedt", ist meine Antwort. "Bredstedt? Was macht man denn in Bredstedt?" "Übernachten." Er schaut mich groß an, hat noch ein paar Tipps für den Anfang der Strecke, und entlässt mich dann in den Regen.
Eine Stunde später weiß ich, wo das Wasser überall hinkommt. So nutzt es nichts, Schuhe zu tragen, mit denen man trockenen Fußes durch Bäche gehen kann, wenn der Regen durch die Hose dringt und an den Strümpfen entlang in die Schuhe läuft. Die zweite unerwartete Stelle erschließt sich mit dem Wissen, dass ich den Rucksack in eine Regenhülle gepackt habe, an der das Wasser entlang läuft. Der Rucksack hört etwa auf Höhe meines Steißbeins auf, das Wasser findet seinen Weg mittig nach unten... Eine Weile später ist es ein schönes Gefühl, als sich die Hose beim Trocknen wieder von den Beinen löst.
Witzigerweise habe ich trotzdem beste Laune und ich komme sehr gut voran. Der Respekt vor der 24 Kilometer langen Etappe schmilzt mit jedem Schritt. Das wird ein guter Wandertag.
Interessant ist es, zu beobachten - und dazu habe ich viele Stunden Zeit -, wie unterschiedlich die Deichschafe auf mich reagieren: Manche flüchten schon, wenn ich noch weit entfernt bin. Die meisten erst, wenn ich ihnen dicht auf die Wolle rücke. Und ganz wenige bleiben einfach liegen. Das empfehle ich eigentlich allen, aber wer hört schon auf mich.
Ich komme durch Ockholm, ein Ort mit einem Briefkasten, zwei Kneipen, drei Ortszufahrten und 307 Einwohnern. Eine davon klärt mich freundlich darüber auf, dass der Steinhaufen, auf dem ich mich zum Ausruhen niedergelassen habe, auf Privatgelände befände. Das gehe aus versicherungsrechtlichen Gründen nicht - der Steinhaufen gehört zu einem der beiden Gasthäuser. Aber ich dürfe mich sehr gerne vor dem Gasthaus auf einen Stuhl setzen. Das ist dann auch viel bequemer und mir viel lieber, hätte ich mich aber von mir aus nie getraut.
Etwas später bin ich wieder zurück am Deich. Es kommt mir hier und da vor, als wären doch manche Schafe zu Raubtieren mutiert: Ich finde immer wieder Vogelgerippe. Oder ist doch die Vogelgrippe für die Vogelgerippe verantwortlich? Wären da nicht auch hin und wieder Knochen die eindeutig von Säugetieren stammen ...
Am Abend belohne ich mich mit der zum Hotel gehörenden Sauna. Und anschließend einer sehr schmackhaften Lammkeule. Habe ich nicht vorhin auf dem Damm ein dreibeiniges Lamm gesehen? Jedenfalls ist die Lammkeule ein schmackhafter Ausgleich zum lauwarmen Tütenreis von gestern.
In der Sauna lerne ich noch etwas über die Sportart Bogenlauf. Das ist wie Biathlon nur mit Joggen und Bogen statt Skilanglauf und Gewehr. Dafür mit weniger Popularität, was mich wegen der Ähnlichkeit der beiden Sportarten doch etwas wundert.
Montag 6. Mai, ich habe 19 Kilometer vor mir, und jeder Meter zieht sich. Gestern hieß es: "Was? Nur noch 6 Kilometer? Klasse, ich bin gleich am Ziel!" Heute klingt das eher so: "Was? immer noch 6 Kilometer? Wie soll ich die schaffen?" Ich hoffe, dass das an der Strecke liegt, die zu großen Teilen an viel befahrenen Straßen entlang führt. Das will ich in Zukunft vermeiden.
Dafür verändert sich die Landschaft: Statt der vielen Windräder gibt es jetzt wieder Bäume.
Während einer Pause stelle ich fest: Ein Deo wäre eine sinnvolle Investition. Ich wäre dann etwas zumutbarer. Anderen Menschen und mir. In Husum werde ich wohl eine Reinigung suchen. Nicht für mich, für meine Wäsche.
Um irgendwie eine Chance zu haben, auch nur in die Nähe des mir gesetzten Budgets zu kommen, habe ich in Husum ein Privatzimmer gebucht. Mit Etagendusche und Küchenbenutzung.
Husum selber ist recht schnuckelig. Die Tide macht sich bemerkbar: die Boote die gestern noch fröhlich im Hafen schwammen, sitzen heute auf dem Trockenen.
Ich besuche das Nationalpark-Haus und lerne von zwei Freiwilligendienstleistenden (ein Hoch auf die deutsche Sprache und ihe Möglichkeit, Bandwurmwörter bilden zu können!) einiges über die Fauna der Nordsee.
Auf Natur folgt Kultur in Form einer Ausstellung im Husumer Fotomuseum. Zum Teil ziemlich harte Kost, denn eine Fotografin zeigt das Straßenleben in Amerika von der unangenehmsten Seite. Die Fotos nehmen mich ziemlich mit.
Einen der Angestellten im Fotomuseum lerne ich etwas näher kennen. Witzigerweise hat auch eher einige Langzeitwanderungen hinter sich - noch deutlich intensiver als ich sie vor mir habe: er ist durch Vietnam gewandert und durch ganz Japan. Hut ab! Ich habe offensichtlich noch Luft nach oben!
Heute Abend ist noch mehr Kultur angesagt: Die "offene Bühne" hier in Husum bietet freien Eintritt und belastet daher mein Budget nicht. Hoffentlich auch nicht meine Ohren. Tut die Musik
nicht, im Gegenteil: Die beiden Bands sind richtig gut.
Morgen habe ich nur rund 16 Kilometer vor mir, das sollte gut klappen.
Aus den 16 sind dann doch 18 Kilometer geworden. Was soll's - dann bin ich schon 2 km näher am Haldenwanger Eck!
Dafür habe ich den bisher schönsten Tag: Gleich nach dem Frühstück fallen die ersten Hüllen und ich wandere kurzärmlig weiter. Während einer Pause kommen dann auch die langen Hosenbeine runter. Und das alles, während es zu Hause kalt ist und es aus Kübeln regnet.
Kurz nach Husum feiere ich ein kleines Jubiläum: Die ersten 100 Kilometer liegen hinter mir! Mein neues Minimalziel: Ich will die tiefste Stelle Deutschlands erreichen. Die auf dem Festland, natürlich.
Als ich mich von einer Pause erhebe und gerade weitergehen will, spricht mich eine Frau an, die offensichtlich zu dem Haus gehört, neben dem ich pausiert habe. Wir plaudern ein wenig, und sie staunt über mein Vorhaben. Ob sie mir was helfen kann fragt sie aus heiterem Himmel. Ich bitte darum, meine Wasserflasche auffüllen zu dürfen, und sie führt mich durch ihren Garten, fast ein Park, vorbei an zwei schnatternden Gänsen, in die Zimmerei ihres Mannes, einer Riesenscheune. Dort darf ich nicht nur auffüllen, sondern bekomme noch zwei Dosen mit Kaltgetränken geschenkt. Und ich lerne den 12 Wochen alten Berner Sennenhund des Hofes kennen, der mir vor Aufregung gleich mal die Beine zerkratzt, was zum Glück harmlos ist. Süßer Bengel.
Friedrichstadt ist sehr schnuckelig an der Treene liegend. Viele Hausbesitzer scheinen eigene kleine Bötchen zu haben, die sich im Abendlicht sonnen. Sehr beschaulich.
Ein Café wird hoch für seinen Kuchen gelobt, leider ist alles aufgegessen. Ich bestelle trotzdem einen Cappuccino. Das war leider ein Fehler...
Ein paar Sträßchen weiter komme ich doch noch zu meinem Kuchen, einer Friesentorte: Hauptsächlich Sahne und Pflaumenmus. Und ein wenig Blätterteig. Ist sehr lecker, macht aber nicht satt. Ich komme mit der Wirtin ins Gespräch, und erfahre dass sie gerade einen Chili con Carne fertig gekocht hat. Wer kann dazu schon "Nein!" sagen? Nach einem kurzen Stopp beim Supermarkt schlendere ich in meine Unterkunft, einem etwas zu teuren Privatzimmer. Ich überlege wie jeden Abend wo ich nach der nächsten Etappe übernachten will. In Heide gibt es eine Jugendherberge, das Mehrbettzimmer mit Frühstück ist schnell gebucht. Dann fällt mir noch was ein, das ich vergessen habe: Handtücher! Na super. Allerdings sind das Sorgen für morgen, für heute gilt: Duschen, etwas Fernsehen, Bett.
Am anderen Morgen staunen sowohl die beiden weiteren Gäste - ein älteres dänisches Ehepaar - als auch die Gastgeberin nicht schlecht über meine Pläne. Wir verquatschen uns, und ich frage mich, ob mir die Zeit am Abend fehlt? Egal, das Pläuschchen war wichtiger. Und eine E-Mail der Jugendherberge nimmt mir die Sorge: Check-In ist bis 21 Uhr.
Mein Rucksack ist heute noch schwerer: drei Äpfel, 200 Gramm Käse, 250 Gramm Kartoffelsalat, und 500 Gramm Brot - alles Beute von meinem gestrigen Supermarktbesuch - fordern ihren Tribut: Inklusive Verpackung lastet ein sattes Kilo mehr auf meinen Schultern. Dazu noch die zweite Getränkedose von gestern. Die wird bald als erste fällig.
Die witzigste Begegnung des Tages: Mitten im Nichts auf einem Feldweg zwischen Friedrichstadt und Heide steht ein Mann und poliert sein Auto. Jedem das seine Vatertagsvergnügen...
Meine Strategie um die heutige bisher längste Etappe zu bewältigen: Viele kurze Pausen. Das klappt sehr gut.
Zu einer der Pausen freue ich mich auf den Kartoffelsalat. Ich habe extra für solche Gelegenheiten von zu Hause ein Taschenmesser mit Löffel mitgenommen. Allein, ich finde es nicht. Ich hatte es schon benutzt also bin ich sicher, dass ich es von zu Hause mitgenommen habe. Der Kartoffelsalat ist offen, und ich habe keinen Besteck. Zum Glück haben meine Eltern mir gesunde Finger und eine lange Zunge vererbt ...
Die zweite lustige Begegnung heute: Vor einem idyllischen reetgedeckten Haus steht ein ziemlich ausgeweidetes Auto, an dem ein junger Mann zu lautem Hardrock bastelt. Schön schräg: Reetgedeckte Idylle und Hardrock.
Vor Heide mache ich noch Halt in einem Waldcafé. Endlich habe ich einmal Glück mit einem Café. Ein riesengroßes Stück Schwarzwälder Kirschtorte hilft mir wieder auf die Beine, die letzten 3 km schaffe ich.
In Heide werde ich in der Jugendherberge herzlich begrüßt. Ich beziehe nicht nur das Vierbettzimmer, sondern auch mein Bett. Mal sehen, wer da noch so kommt, ein weiterer Reisender ist angekündigt.
Nach dem Abendessen - vier Scheiben Schwarzbrot mit Käse belegt - sehe ich mir Heide an. Ganz nett, und am wichtigsten für mich: Eine Bank, um meine Barreserven aufzufüllen, und ein Supermarkt. Den merke ich mir für morgen.
Zurück in der Juhe lerne ich den Mitbewohner kennen. Etwas maulfaul ist der junge Mann. Und gleichzeitig rücksichtsvoll: Als ich mich ins Bett verziehe, verzieht er sich in den Aufenthaltsraum, um sein Reisetagebuch weiterzuschreiben.
Gute Nacht, bis morgen 😀
10. Mai
Der Mitbewohner ist dann doch kontaktfreudiger, als es gestern den Anschein hatte. Er war wohl einfach sehr konzentriert auf sein Tagebuch. Nach dem Frühstück suche ich erst einmal den Supermarkt auf. Käse, ein paar Äpfel und ein Mikrofaser-Bodentuch landen auf dem Laufband an der Kasse. Ich wüsste gerne was die Kassiererin bei meinem Anblick und der Warenzusammenstellung denkt.
Wozu das Bodentuch? Naja, es ist das richtige Material, es hat eine gute Größe, und dem Tuch kann es egal sein, wenn es als Handtuch herhalten wird.
Heute ist der erste Tag, an dem ich morgens noch nicht weiß, wo ich schlafen werde. Ziel ist Tensbüttel, dort soll es einen "Dachgeber" geben. Die Dachgeber sind dem ADFC angegliedert und bieten auf Gegenseitigkeit kostenlose Übernachtungsmöglichkeiten an.
Auf dem Weg dorthin Stärke ich mich bei einem Bäcker in Nordharstedt. An zwei Tischen kann sich der Gast Köstlichkeiten einverleiben, Einer davon ist ein Stehtisch - auf stehen habe ich keine Lust, ich will sitzen. Der zweite Tisch ist ein einer mit vier Stühlen. Drei davon sind von zwei Damen und einem Herren besetzt, die allesamt meine Eltern sein könnten. Ich frage frech und ganz gegen mein übliches Verhalten, ob ich mich dazu setzen darf. Ich darf.
Es entsteht eine etwas peinliche Stille. Bald verabschiedet sich der ältere Herr, jetzt nutzen die Damen die Gelegenheit und fragen mich aus. Die beiden sind recht unterschiedlich. Die eine stattlich, mit rot lackierten Fingernägeln und nur wenig Gestik und Mimik. Die andere eher zierlich, dafür mit umso mehr Körpersprache und der Angewohnheit, die letzten Worte, die sie von einem Gesprächspartner hört, zu wiederholen.
Wir unterhalten uns sehr nett. Die Stattliche meint, sie würde mir glatt ihr "Sozialzimmer" anbieten, wenn ich im Ort bliebe. Ihr gestorbener Mann und sie vermieteten offensichtlich früher eine Ferienwohnung. Und sie hatten immer ein Zimmer frei für jemanden, der dringend eine Unterkunft brauchte. Eben das "Sozialzimmer".
Die Zierliche will nicht zurückstehen und fragt, ob ich schon bezahlt hätte. Habe ich. Hätte ich nicht, hätte sie mich eingeladen. "Das hätte ich glatt gemacht", schiebt sie betonend hinterher. Die beiden sind goldig.
Aus dem Dachgeber in Tensbüttel wird nichts, also brauche ich einen Ersatzplan. "Nur" 10 Kilometer weiter als Tensbüttel liegt am Nord-Ostsee-Kanal (NOK) ein Campingplatz. Der wird mein Ziel. Als ich dort ankomme, habe ich 31 Kilometer hinter mir. Ich bin am Ende. Der Platz ist offiziell voll, aber der Chef findet noch eine Stelle für mein Zelt. Nach den Proben im heimischen Wohnzimmer findet heute also die Premiere statt. Alles klappt!
Mir ist jämmerlich kalt: Der Wind gesellt sich zum Hunger und der Erschöpfung. Keine gute Kombination. Ich esse noch etwas - Schwarzbrot mit Käse ... - und verschwinde im Zelt.
11. Mai
Die Nacht war nicht gut, kann ich bitte eine neue haben? Als ich am Morgen etwas Wasser trinke, merke ich dass es saukalt sein muss. Obwohl mir alles weh tut, bleibe ich noch liegen, bis die Sonne das Zelt gewärmt hat. Dann packe ich zusammen, frühstücke einen Apfel und mache mich am NOK entlang auf dem Weg nach Burg. Das sind nur 10 Kilometer, aber ich bin bei jedem Schritt bereit, sofort die Etappe zu beenden, wenn ich eine passende Unterkunft finde.
Nach dem Frühstück bei einem Bäcker in Burg finde ich auch tatsächlich ein Monteurzimmer in der Nähe. Nur geht niemand ans Telefon. Das war also nichts. An einem Hotel laufe ich vorbei - auch da will man keine Gäste, alle Türen sind verschlossen. Also laufe ich weiter bis zur tiefst gelegenen Stelle Deutschlands. Auch dieses Ziel ist also erreicht.
Kurz nach der tiefsten Stelle treffe ich ein Mann bei der Gartenarbeit. Er fragt wo ich hin will und erzählt mir dann, dass ein gewisser Achim Henkemes von eben dieser tiefsten Stelle bis auf die Zugspitze gerannt ist. 1155 Kilometer in 7 Tagen! Mir reichen meine 26 km für heute. Unterkunft beziehen (ich habe ein preiswertes Hotel in Wilster gefunden), Abendessen (400 Gramm Kartoffelsalat, seit dem Frühstück habe ich wieder einen Löffel), Wäsche waschen, duschen, Zelt zum Trocknen aufhängen und bloggen sind meine letzten Aktionen heute.
Macht's gut und gute Nacht.
12. Mai
Frühstück beim Bäcker. Während ich in der Schlange stehe, kommt ein älterer Herr auf mich zu, Zeitung in der Hand, und strahlt mich an: "Kiel ist aufgestiegen!" "Ach was?", entgegne ich angemessen überrascht. "Das habe ich gar nicht mitgekriegt!" Natürlich nicht, Fußball ist nicht gerade Teil meiner Hauptinteressen. Und dann gibt er mir einen kurzen Abriss über das gestrige Spiel.
Nach dem Frühstück packe ich im Hotel alles zusammen - jetzt sind Zelt und Co trocken. Sehr schön.
Kurz nach Wilster kann ich schon wieder feiern: 200 Kilometer liegen jetzt hinter mir!
Da es Sonntag ist schicke ich statt eines Anrufs eine Messenger Nachricht an eine "Dachgeberin". Vielleicht klappt es ja diesmal? Zwei Stunden später kommt die Antwort: Es klappt. Renate bittet um Rückruf, und sie ist mir auf Anhieb sympathisch. Kurz darauf habe ich Fotos von Haus und Zimmer auf meinem Handy. Sehr nett!
Die Wanderung verläuft heute unspektakulär, deshalb werfen wir mal einen Blick auf meinen Körper. Besser gesagt darauf, wie es ihm geht.
Meine Schwachpunkte kenne ich ja, dachte ich, als ich loslief: Beide große Zehen und das linke Knie. Außerdem die linke Schulter.
Tja, den Zehen geht es blendend, das linke Knie machte anfangs Mucken, seit zwei Tagen ist da Ruhe. Die Schulter verspannt zwar, das hält sich aber in Grenzen, dafür schmerzt die rechte Achillessehne. Und das rechte Knie sollte ich nicht zu weit strecken, sonst meldet es sich beleidigt. Außerdem Stöhnen meine Schlüsselbeine, wenn die Riemen des Rucksacks zu lange auf ihnen ruhen. Es geht mir also gut.
Falls der geneigte Leser die Blasen vermisst: Ich vermisse sie nicht, ich habe tatsächlich keine. Was mit Sicherheit auch dem einen Blasenpflaster zu verdanken ist, das seit dem ersten Tag an meiner rechten Ferse klebt.
Am meisten Sorge machen mir die Achillessehnen. Ich hoffe das wird besser. Wenn nicht, werde ich den Abbruch der Wanderung ernsthaft in Erwägung ziehen.
Einzig bemerkenswert an der Etappe heute ist das alte Atomkraftwerk in Brokdorf, an dem ich vorbeikomme, als ich an der Elbe entlang laufe. Auch wenn es stillgelegt ist, es ist immer noch ein beklemmendes Gefühl direkt davor zu stehen. Daran ändern auch die friedlich grasenden Schafe nichts.
Am Nachmittag laufe ich zum Kaffee bei Renate ein. Wir unterhalten uns ein wenig und stellen fest, dass wir ein ähnliches Schicksal teilen: Ihr Mann ist vor vier Jahren an Krebs gestorben, sie weiß also ziemlich genau, wie ich mich diesbezüglich fühle.
Auch zum Grillen am Abend lädt Renate mich ein, und ein Frühstück bekomme ich am nächsten Tag ebenfalls. So viel unerwartete Gastfreundschaft ist ein sagenhaftes Geschenk. Vielen Dank, Renate!
13. Mai
Der Achillessehnen wegen soll es fast ein Ruhetag werden: Ich laufe ein paar Meter zum Fähranleger und treffe gerade rechtzeitig zur Überfahrt ein. Eine Viertelstunde später sehe ich, dass die Brücke über die Wischhafener Süderelbe oben ist. Gut für den Schiffsverkehr, schlecht für mich: Statt 5 Kilometer zum Campingplatz werden es jetzt doch wieder 15. Gut, das ist keine ganz große Strecke, aber eben doch mehr als ein Ruhetag.
Der Wind auf dem Campingplatz macht mir beim Zeltaufbau etwas Schwierigkeiten, und ich freue mich über die Hilfe eines Nachbarn.
Als ich die Matratze aufpumpen will, merke ich irgendwann, dass so gar keine Luft drin bleiben will. Das kann doch nicht sein, dass die Matratze nach einem Mal benutzen schon ein Loch hat! Ich mache mich auf die Suche und werde tatsächlich fündig: Ein großes rundes Loch ist die Ursache. Es trägt die Beschriftung "out", und sobald ich es mit dem zugehörigen Stöpsel abdichte, funktioniert das mit dem Aufpumpen auch! Gewusst wie!
Zum Abendessen gehe ich an eine Strandbar. Richtig schön ist es hier, ein Platz an dem man es sehr gut aushalten kann. Ich lerne Verena und zwei ihrer drei Kinder kennen. Wir unterhalten uns nett eine gute Stunde lang, dann wollen ihre Kinder heim, und ich gehe zurück zum Zeltplatz.
Auf dem Weg dorthin fragt mich ein Niederländer, wo es denn zum Zeltplatz gehe. Ich nehme ihn mit, und wir finden eine nicht ganz legale Abkürzung direkt zu unseren Zelten. Auf dem Weg erzählt er mir, dass er mit dem Motorrad unterwegs ist zum Nordkap. Auch das ist sicher sehr spannend!
14. Mai
Der Zeltabbau geht besser als gestern der Aufbau. Natürlich. Obwohl die Nacht alles andere als bequem war - oder vielleicht gerade deswegen? - wache ich erst um 8 Uhr auf. Das ist zu Zeit sehr spät für mich. An der Rezeption des Campingplatzes hole ich mein Frühstück ab: Eine Laugenstange und ein Kürbiskernbrötchen. Fast wie ein Samstag zu Hause, nur ohne Butter, Marmelade, Honig, Ei, Kaffee ... Ich frühstücke im Gehen. Noch einen Apfel hinterher und einen großen Schluck Wasser - dann beginnt die Langeweile des Tages: scheinbar endlos geht es an oder auf dem Deich entlang. Schafe, Gras, plattes Land, Sonne, Wind - und es geht kilometerlang nur geradeaus. Also sinniere ich ein wenig über DAS MOIN:
Anders als im Süden angenommen, hat DAS MOIN nichts mit dem Morgen zu tun. Es kommt ursprünglich aus dem Plattdeutschen "moi", was "angenehm", "gut" oder auch "schön" bedeutet. Es wird einfach wie "hallo" benutzt, zu jeder Tages- und Nachtzeit.
DAS MOIN kann sehr unterschiedlich betont werden:
Z. B mit zwei oder drei "n": Moinnn. Dann wird ein zackiger, admiraliger, fast befehlender Gruß daraus.
Die zweite Möglichkeit ist mit zwei oder drei "o": Moooin. Ein gemütlicher, vielleicht sogar etwas verschlafener Gruß.
Und schließlich mit zwei oder drei "i": Moiiin. Dazu passt eine etwas höhere Tonlage, und der Gruß wird sehr freundlich, fast auffordernd, in jedem Fall aber aufgeweckt.
Die Dopplung allerdings - Moin Moin - höre ich selten. Sie gilt auch vielen Leuten hier schon als Gesabbel.
Örtlich erfahre ich DAS MOIN als scharf begrenzt: Schon in Stade hat ein Mann sehr verwundert "Mahlzeit!" geantwortet, als ihm ein "Moin" zugerufen wurde. "Moin? Es ist doch schon Mittag!"
Eine Weile trägt mich das sinnieren über DAS MOIN, dann wird es wieder langweilig. Auch komme ich heute nicht so richtig in die Gänge. Also mache ich, was ich eigentlich nicht machen wollte: Musik auf die Ohren. Passenderweise läuft die Filmmusik zu "Mission Impossible". Bin ich auch auf einer unmöglichen Mission unterwegs? Egal, die Musik wirkt, meine Schritte beschleunigen sich merklich.
Später bringt die Festung Grauort etwas Abwechslung. Doch der Rucksack drückt und so bleibe ich nicht lange.
In Bützfleth mache ich erst noch einen 2 Kilometer langen Umweg, ehe ich vor der Schule stehe. Den Umweg mache ich, weil die App nicht wirklich präzise arbeitet. Oder ich kann sie nicht präzise lesen. Im Ergebnis ist es jedenfalls gleich: 2 Kilometer mehr. Meine Dachgeber sind zwei Hausmeister eben dieser Schule: Der ehemalige und der jetzige. Ralf und Erich begrüßen mich herzlich, wir sind gleich per "Du". Sie zeigen mir meine Dusche im Garten und mein Schlafsofa auf dem Dachboden der Schule. Cool! Und so ganz anders als der letzte Aufenthalt bei Dachgeberin Renate.
Ich schicke mir ein paar Dinge zurück nach Hause. Auf dem Postamt komme ich mit einer wilden Sammlung an. Die Dame am Schalter fragt mich nach einem QR-Code. Und den könne sie nichts verschicken. Als ich sie fragend bis entgeistert ansehe, merkt sie, dass etwas nicht stimmt. "Ach, sie wollen das nicht zurücksenden?" "Nein, nur ganz normal verschicken." "Aber wie denn?" "Na, in so einem Päckchen, dass sie da verkaufen." "Ach so, na klar!". Dann ist sie sehr hilfreich, zieht das kleinste Paket heraus, faltet es für mich und packt meine Sachen ein. Prima: Mehr Platz und weniger Gewicht im Rucksack. Dumm nur, dass ich meinen einzigen Kugelschreiber auf der Post liegen lasse und es erst viel später merke.
Zurück in der Schule wasche ich meine Wäsche. Toll, dass das so unkompliziert geht. Erich gibt mir noch einen Tab Waschmittel, und so rieche ich morgen sicher wie frisch aus der Werbung.
Mein Abendessen besteht aus Nudelsalat, Geflügelsalat, einer Banane und ein paar Cashewkernen. Das alles wird mit ordentlich Leitungswasser runtergespült.
15. Mai
Ein Ruhetag. Jedenfalls nachdem ich die 7 Kilometer nach Stade hinter mir habe. Ich liefere meinen Rucksack in der Jugendherberge ab und verliebe mich sofort in die Stadt. Einen so netten Ort habe ich noch selten gesehen. Ich bin froh, dass ich den Tipp von Renate, Verena und Ralf bekommen habe. Der Tag vergeht mit schlendern, planen, essen, trinken, einkaufen, bloggen - was man eben so macht.
Übrigens ist das mit dem Frühstück hier auch etwas anders: Mett mit Zwiebeln kommt hier gerne schon morgens auf den Teller. Und es ist durchaus üblich, halbe belegte Brötchen zu bestellen.
In der Jugendherberge habe ich das Vierbettzimmer für mich alleine. Ein Luxus, den ich gerne nutze, denn ich liege schon um 21 Uhr im Bett.
16. Mai
Dafür ist es Frühstück am nächsten Tag bereits sehr trubelig. Wenn ich das richtig einschätze, ist eine 9 Klasse hier zu Gast. Die anstehende Stadtführung stößt auf helle Begeisterung bei den übermüdeten Teenagern. "Müssen wir da echt mit?" "Haben wir auch Zeit, was einzukaufen?"
Die Kleiderwahl der Mädchen und Jungen bedarf zumindest teilweise des Muts der Jugend: Schlafanzüge, oversized Sweatshirts - mutmaßlich vom Großvater -, Einhornhausschuhe mit richtigem Horn. Großartig!
Nach dem Pausentag im Stade läuft es heute viel besser, die ersten 10 km sind ruckzuck hinter mir. Zwei Dinge sind bemerkenswert: Ich bin jetzt doch auf dem Jakobsweg gelandet (und gleichzeitig auf der Via Roma), und es windet unglaublich. Ich werde förmlich sandgestrahlt und paniert, und lerne blind geradeaus zu laufen.
Gestern lief ich knapp an "Schnee" vorbei, heute wandere ich durch "Hagel". Allerdings sind das keine Wetterphänomene sondern Ortsnamen, während es zu Hause heute tatsächlich wieder einmal ordentlich hagelt, wie ich den Nachrichten entnehme. Und in Schleswig-Holstein wütet ein Sturm. Dann doch lieber Wind und Sonne.
Abends ist das Zelt schnell aufgebaut - es schleicht sich offensichtlich eine gewisse Routine ein -, und schon bin ich auf dem Weg in die örtliche Eisdiele. Ansonsten gibt Harsefeld nicht so viel her - außer einigem Autoverkehr, einem anscheinend netten Museum zur Stadtgeschichte, für das ich leider zu spät dran bin, und einem Programmkino mit angegliedertem Hotel. Interessante Kombination, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt ...
Im Kino läuft ein Film mit dem Titel "Sterben" - momentan ist das nichts für mich. Und statt ins Hotel geht's für mich ins Zelt. Das ist eindeutig neuer Rekord es ist erst 20:30 Uhr. An Schlaf ist allerdings nicht zu denken, da haben bellende Hunde, weinende Kinder, schreiende Väter, und minutenlang laufende Dieselmotoren etwas dagegen. Irgendwann schlafe ich dann doch ein.
17. Mai
Den Wecker habe ich auf 6 Uhr gestellt, denn heute liegen wieder 27 km vor mir. Irgendwann am Morgen ändere ich das dann doch noch auf 7 Uhr.
Duschen, zusammenpacken, Aufbruch. Nach etwa 2 Stunden frühstücke ich Schoko Müsli mit H-Milch - es lebe der Löffel! - und wandere dann weiter.
Es ist jedes Mal vor allem auf langen Strecken ein tolles Gefühl, wenn das Navigationssystem anzeigt, dass noch genau so viel vor mir liegt wie hinter mir, ich also die Hälfte der Etappe geschafft habe. Heute allerdings ist die Freude nach 17 Kilometern noch größer: Ich habe jetzt 300 Kilometer insgesamt hinter mir! Zum Glück ist die Strecke heute recht interessant: Es geht durch Wälder, vorbei an blühenden Kleefeldern, einer alten, flügellosen Windmühle und einigen richtig großen Findlingen. Die erinnern an historische Ereignisse oder haben einen mystischen Hintergrund, wie der Hexensteen.
Gut vier Kilometer vor dem Zeltplatz bekomme ich einen Motivationsschub: Ein Supermarkt! Obst wird eingekauft, Müsliriegel und, klar, Kartoffelsalat. Etwas enttäuscht bin ich, weil der Bäcker im Supermarkt keinen Kaffee anbietet. Kaum bin ich wieder draußen, mache ich mich über die Schale Erdbeeren her, und stehe vor einem weiteren Bäcker. Diesmal mit Cappuccino im Ausschank. Ich bin im Himmel!
Die letzte Etappe ist für heute die schönste. Allerdings wird der Wegezoll als Blutopfer entrichtet, zu zahlen an die Stechmücken, die sich hier als Eintreiber ihren Lebensunterhalt sichern. Insektensterben? Egal! Ich werde zum Serienmörder!
Seit gestern habe ich übrigens die Wanderstiefel durch die Joggingschuhe ersetzt. So trage ich zwar schwerer, laufe aber leichter. Das Ergebnis ist allerdings auch, dass meine Füße und Socken sämtlichen Staub und Sand mitnehmen. Die kommende Dusche wird ein Fest!
18. Mai
Heute liegt mit nur 17 Kilometern eine kurze Etappe vor mir. Nach zweien davon, während derer ich wieder den Serienmörder in mir wecke, erreiche ich Zeven und damit eine Möglichkeit, ausgiebig zu frühstücken.
Die Strecke später ist wieder recht eintönig und unspektakulär, obwohl ich immer wieder an wunderschönen Häusern vorbeikomme. Die haben in der Regel attraktive Gärten um sich geschart. Oftmals läuft ein Mähroboter ziellos herum und fragt sich, was er eigentlich schneiden soll. Die Rasen sind meistens schon so raspelkurz wie meine Haare.
In Gyhum, einem Ort mit zweieinhalbtausend Einwohnern, führt mich das Navigationssystem auf eine kleine Straße mit dem herrschaftlichen Namen "Königsallee". Da fühlt man sich doch gleich noch mal besser.
Überhaupt geht es mir heute sehr gut. Klar: Füße, Hüfte und Schultern schmerzen. Meiner guten Laune tut das keinen Abbruch. Eine kurze Pause nutzt ein gemütlich aussehender Mann dazu mir zuzurufen, dass heute das letzte Spiel der Bremer ist. Ich frage: "Wer gewinnt?" "Wir natürlich!" Wer sonst?
Der Zeltplatz heute kommt einem Abenteuer sehr nahe. Schon das Finden ist nicht ganz trivial. Und auf dem Platz die Rezeption zu finden ebenfalls nicht. Die ist heute nicht besetzt, erst morgen früh ab 8:30 Uhr wieder. Um die Zeit will ich allerdings schon unterwegs sein. Gut, dass mehrere Schlüssel für WC und Dusche griffbereit in einem Briefkasten liegen.
Viel anstellen kann ich hier nicht, also schreibe ich diese Zeilen auf einer Bank vor dem Sanitärgebäude, während drinnen mein Handy lädt.
Nach dem Abendessen - Müsli satt - kuschle ich mich in das Zelt und versuche zu schlafen. Es ist einfach immer noch unbequem. Außerdem hört sich natürlich jedes Geräusch an, als stünde der Verursacher direkt neben mir. So auch diese Hupe, die sich eher nach Lastwagen als nach allem anderen anhört. Das dazugehörige Motorengeräusch kommt näher, und tatsächlich wird direkt neben mir eingeparkt. Die Wiese ist riesig, aber scheinbar mögen auch Wohnmobile Gesellschaft. Und was für ein Teil das ist! Das Wohnmobil hat locker die Größe eines Reisebusses.
Die beiden Bewohner und Ihr Hund werden lautstark von einem Paar begrüßt, das sie offensichtlich erwartet hat. Zum Glück fahren sie noch mal weg, und ich habe Ruhe. Bis sie wiederkommen.
Ich freue mich auf mein Hotelzimmer morgen!
19. Mai
In der Nacht hat es geregnet, das Zelt ist klitschnass. Einpacken muss ich es trotzdem. Die Geräusche, die ich dabei mache, stören den Hund im Wohnbus, und er fängt an zu bellen. Ein wenig Genugtuung empfinde ich bei dem Wissen schon, dass jetzt Frauchen und Herrchen ebenfalls wach sind ...
Die Strafe für dieses Gefühl wird sofort präsentiert: Es fängt an zu regnen. Zum Glück nur etwa eine Stunde, dann fallen bei mir nach und nach die Hüllen wieder. Die Joggingschuhe sind wieder durch die Wanderstiefel ersetzt, denn meiner Achillessehne geht es besser und ich mag nicht so viel zusätzliches Gewicht tragen.
Heute bin ich zügig unterwegs, die 22 Kilometer sind kein großes Problem. Unterwegs treffe ich auf einen Trupp Motorradfahrer. Auch wenn sie aussehen wie echte Rocker, wird mein "Moin" freundlich erwidert, und einer der Biker ruft mir Fragen zu: "Campostela?" "Nein, ist mir zu weit", antworte ich. Er schmunzelt wissend. "Oberstdorf reicht mir", füge ich an. Es ist Gold wert zu sehen, wie sich das Gesicht des Bikers verändert.
Später stelle ich fest, wie motivierend doch so ein nahendes Gewitter sein kann. Die letzten zwei Kilometer spurte ich fast und schaffe es trocken in die Unterkunft. Ich habe ein großes Zimmer mit sehr willkommenen Deckenbalken: Auf denen wird das Zelt sicher prima trocknen. Danach steht Wäsche waschen an. Es ist schon erstaunlich, wie viel Staub ein paar Socken doch aufnehmen kann.
Der Rest des Tages vergeht mit Bloggen und Abendessen. Wie schön doch ein Bett ist!
20. Mai
Schlafen in einem Bett hat das gewisse "Etwas". Jedenfalls wache ich vor dem Wecker auf, packe das Zelt ein und gehe frühstücken. Das Hotel wird von drei Damen geführt, eine Chefin und zwei Angestellte, die zu dritt alle Arbeiten übernehmen: Frühstück, Empfang, Garten, putzen - was eben so anfällt. Sehr sympathisch!
Gleich nach Ottersberg überquere ich den Südarm der Wümme, es ist wunderschön. Hoffentlich geht der Tag so weiter. Tatsächlich laufe ich immer wieder durch herrliche Natur. Zweimal allerdings führen mich Brücken über ein Technologie-Reservat: Ich kann frei laufende Autos aus nächster Nähe bewundern. Diese possierlichen Tierchen schaffen es, mit der 20- bis 40-fachen Geschwindigkeit eines Fußgängers über eigens angelegte Pfade - man nennt sie "Autobahnen" - zu rasen, meist sogar ohne sich zu berühren. Es ist faszinierend, dass sie bereits aus großer Distanz zu hören sind. Ich bin froh dass sie eingezäunt sind...
Weiter geht es durch Wälder und Moore. Immer wieder brandet der Kampf Mensch gegen Moskito auf. Bevor ich einen Pfad begehe, auf dem ein Schild vor "sehr hohem Zeckenaufkommen" warnt, ziehe ich lieber wieder die langen Hosenbeine und die Windjacke an. Vielleicht hilft's? Zwei Reiterinnen schwenken vor mir auf den Weg ein, während ich mit anziehen beschäftigt bin. Kurze Zeit später kommen sie wieder heraus, es sei total zugewachsen, kein Durchkommen möglich. Ein Blick auf die Karte zeigt mir einen Umweg, der mir 3 Kilometer mehr Strecke beschert. Mist. Ausgerechnet an einem Tag, an dem ich mit 30 Kilometern die bisher längste Strecke geplant hatte. Tja, was soll's? Bisher bin ich heute sehr gut vorangekommen, das wird schon.
Apropos Zecken: Zusammen mit den Stechmücken gehören sie zu den drei größten Gefahren auf einer Tour durch Deutschland. Unangefochten auf Platz 1 allerdings sind tief fliegende Golfbälle ...
Nach dem Umweg gönne ich mir nach der halben Tagesetappe einen großen Cappuccino und einen noch größeren Eisbecher. Da die Sahnemaschine kaputt ist, bekommen die Gäste eine Kugel Eis mehr. Ist mir natürlich sehr recht.
Frisch gestärkt mache ich mich auf zum nächsten Café, das ich mir für die lange Etappe schon während der Planung ausgesucht habe. Danach sind es nur noch 10 Kilometer. Dumm nur, dass das zweite Café geschlossen hat. So laufe ich also weiter. Die hinter mir liegenden 26 km liegen nicht nur hinter mir, sondern auch in mir: In den Füßen spüre ich sie sehr genau. Jeden einzelnen von ihnen. Also: Pause am Straßenrand.
Irgendwann quäle ich mich wieder hoch. Das Hotel für heute Abend habe ich angerufen um Bescheid zu geben, dass ich spät ankommen werde. Da die Rezeption nur bis 18 Uhr besetzt ist, verspricht mir der Angestellte, mir ein Video zu schicken, das zeigen soll, wie ich an mein Bett komme. Na, mal sehen, ob das klappt.
Die letzten Kilometer ziehen sich. Sie führen mich durch ein Waldstück, indem ich den Pfad kaum erkennen kann. "... über Stock und über Steine ..." erreiche ich den Ortseingang von Verden. Industriegebiet, Wohngebiet, Innenstadt. Es zieht sich. Immer noch 4 Kilometer. Wohngebiet, Brücke über die Aller. Noch 3 Kilometer. Da hinten regnet es. Gestern ging das mit dem Endspurt und dem Weglaufen vor dem Gewitter, heute ist es mir egal ob ich nass werde. Noch zwei Kilometer. Hätte ich den Umweg nicht gemacht, läge ich schon auf dem Bett. Ich mag nicht mehr. Den letzten Kilometer reiße ich mich noch mal zusammen und lege einen Zahn zu. Einen kleinen Zahn. Dann kommt der Ortseingang Groß Hutberg. Noch 500 Meter. Das Hotel ist in Sicht. Bänke davor. Hinsetzen. Geschafft.
Die Gäste, die vor dem Hotel sitzen, fragen, woher ich komme. Ich antworte, aber zu viel Konversation bin ich heute nicht mehr in der Lage. Sie erklären mir noch, wo der Schlüssel ist, und das Video erklärt den Rest: es zeigt sekundenlang den Eingang des Hotels. Sehr hilfreich ... Dann ein verwackelter Gang zum Schlüsselkasten, ein Finger, der auf Tasten drückt, die nicht zu sehen sind. Na toll! Dann entdecke ich, dass ich den Ton ausgeschaltet hatte. Mit den Audio- Erklärungen wird auf einmal alles klar.
Ab ins Zimmer, Rucksack absetzen, Körper ablegen, Beine hoch. 15 Minuten nichts tun, und dann heiß duschen - was für eine Wohltat.
Morgen ist Pause!
21. Mai
Auch, wenn es gestern lange gedauert hat, bis ich eingeschlafen bin, wache ich schon um 6 Uhr auf. Pünktlich zum Frühstück, für dass ich mir sehr viel Zeit lasse.
Drei Asiaten, mutmaßlich Chinesen, frühstücken ebenfalls, jeder wohlig schmatzend an einem eigenen Tisch. Es kommt mir wie ein großer Zufall vor, dass ausgerechnet in Groß Hutberg drei Asiaten, die augenscheinlich nichts miteinander zu tun haben, im gleichen Hotel absteigen. Später kommt noch eine Frau dazu, und ich erkenne, dass die vier sehr wohl zusammen unterwegs sind: Sie unterhalten sich quer durch den Speisesaal.
Mit Bus und Bahn - die DeutschlandCard macht es einfach - fahre ich nach Bremen, wo ich den Tag verbringe. Rathaus, Stadtmusikanten, Böttcherstraße, Kaffeerösterei. Tourismus eben.
Zurück in Verden kaufe ich auf dem Heimweg noch im Supermarkt ein: Brötchen und Käse für heute Abend, Äpfel und Bananen für unterwegs, Milch und Müsli für irgendwann.
Dann überlege ich, ob ich den Bus zurück ins Hotel nehmen oder zu Fuß gehen soll. Ich entscheide mich fürs Schlendern. Am Marktplatz herrscht eine heiter gelöste Atmosphäre: Es ist angenehm warm, durch die Wolken wird die Sonne gedämpft und schafft wunderbares Licht auf dem Platz, die Leute sitzen unter Sonnenschirmen in Cafés, und ein Gitarrist krönt das Ganze mit seiner sanften Musik. Ich beschließe, mich ebenfalls zu setzen und zu der Atmosphäre einen Cappuccino zu genießen.
Am Tisch gegenüber sitzen zwei Herren, die sich angeregt unterhalten. Der Tonfall ist deutsch, aber die Worte verstehe ich nicht. Jedenfalls nicht alle. Mir wird klar: Die beiden unterhalten sich auf Platt. Ich find's toll!
Später gehe ich durch Verden durch und noch einmal die Strecke, die mich gestern zum Hotel so geplagt hat. Heute, ausgeruht und ohne Rucksack, ist das gar kein Problem.
22. Mai
Wieder einmal wache ich vor dem Wecker auf. Ich packe alles zusammen und bin der erste und lange auch der einzige im Frühstücksraum. Nach dem Frühstück laufe ich munter drauf los und staune, dass ich erst nach 11 Kilometern eine Pause einlege. Dafür richtig, mit Kaffee beim Supermarktbäcker.
Ich finde wunderschöne Wege. Die Vegetation passt zum Regen, der mich heute den ganzen Tag begleiten und erst aufhören wird, als ich in der Unterkunft - wieder mal ein Dachgeber - ankomme.
In Rieda - Dorf? Weiler? Ansiedlung? - stoße ich am Ortseingang auf das "Einfahrt verboten"- Schild. Das ist schon mal skurril, dass an einem Ortseingang die Einfahrt verboten ist. Noch interessanter wird es allerdings, als ich den Zusatz lese, dass dies nur für die Firma EQOS und eventuelle Nachfolgeorganisationen gilt. Die Geschichte dahinter ist sicher spannend, aber es ist niemand auf der Straße, den ich fragen könnte. Und eine Internetrecherche fördert auch nichts zu Tage. Schade.
Apropos: Ich komme heute durch ein paar kleinere Orte, die vieles gemeinsam haben: Nette Häuschen, sehr sauber, gepflegt - und menschenleer. Ich sehe niemanden auf den Straßen. Gut, viele werden arbeiten. Dass die Straßen komplett leer sind, wundert mich dann doch.
Kurz vor Haßbergen, meinem Ziel heute, passieren zwei Dinge nahezu gleichzeitig: Der heftigste Regenschauer des Tages erwischt mich - dabei war ich fast trocken, jedenfalls außen; innen bin ich schweißnass -, und die Navi-App will mich auf einen Weg schicken, den es nicht gibt. Wir beide bleiben stur: Die App besteht darauf, dass ich falsch laufe; ich bestehe darauf, dass da, wo sie mich hinführen will, kein Weg ist. Ich setze mich ausnahmsweise durch, und so kommen wir beide in Haßbergen an. Ich bin zufrieden, und die App tut, als hätte sie es schon immer gewusst.
An der Hauptstraße hält neben mir ein VW Bulli, das Beifahrerfenster geht runter, und die mir fremde Fahrerin spricht mich an: Ich würde heute bei ihr schlafen, meint sie, und stellt sich vor. Tommy hat mich am Hut erkannt, ich hatte ein Bild von mir geschickt, damit sie nicht allzu entsetzt ist von mir. Immerhin habe ich über Messenger-Dienste schon mehrere nette neue Titel erhalten: Räuber, Rübezahl, Schmuggler ... Tja, Rasierzeug wiegt eben auch etwas und nimmt Platz weg. Und drei Wochen ohne Rasur hinterlassen ihre Spuren. Heute Abend endet tatsächlich die dritte Woche der Reise. So lange war ich schon seit vielen Jahren nicht unterwegs.
Und ein zweites Zahlen-Highlight kann ich heute feiern: Insgesamt liegen 400 Kilometer hinter mir!
Meine Dachgeberin hieß früher Barbara und ist herrlich unkompliziert: Da ist das Bad, da der Kühlschrank, hier der Fernseher, und dort der Schlüssel. Spargel und Kartoffeln hat sie auch gerade gekocht, ich darf gerne mitessen. Und schon ist sie zu ihrer Bandprobe - sie spielt Schlagzeug - verschwunden. Vorher gibt sie mir noch einen guten Übernachtungstipp: 1nitetent.com ist eine Plattform über die liebe Menschen Reisenden Ihren Garten für eine Nacht zum Zelten anbieten. Das werde ich sicher auch ausprobieren. Aber nicht mehr heute, heute probiere ich nur noch das Bett aus. Träumt was Schönes!
23. Mai
Einer meiner Professoren an der Hochschule philosophierte einst über das Planen: "Planung ist es Ersetzen des Zufalls durch den Irrtum." und ein Vorgesetzter von mir formulierte: "Ein Plan ist ein Plan bis er sich ändert." Das erfahre ich auch gerade. Als ich meine Freunde Karin und Ralf in Barsinghausen informiere, dass ich voraussichtlich Samstag bei ihnen ankomme, erfahre ich, das just an diesem Wochenende Ralfs Mutter ihren Geburtstag feiert und sie deshalb nicht zu Hause sind. Der Geburtstag geht natürlich vor. Mir fordert das mal wieder Flexibilität ab. Dazu hole ich etwas aus.
Noch vor meiner Abreise gehe ich in Reutlingen mit zwei lieben Freundinnen, Anita und Agata, zu einem Vortrag von Roderich Kiesewetter. Währenddessen fällt mir ein, dass ich zur Zeit der Wahlen - Europa- und Kommunalwahlen stehen an - auf Wanderschaft sein werde, also nicht zur Urne gehen kann. Daher melde ich mich am Tag darauf beim Wahlamt der Stadt Reutlingen und werde beruhigt: Man könne mir die Unterlagen an eine Adresse meiner Wahl schicken. Die Sache ist nur, dass ich nicht sicher sagen kann wann ich wo sein werde. Es sollte aber klappen, wenn ich die Unterlagen zu Karin und Ralf schicken lasse. Dort liegen sie jetzt auch. Nur passen unsere Termine jetz nicht mehr zusammen.
Ist es eigentlich noch nötig zu erwähnen, dass ich am Wahltag, dem 9 Juni, doch zu Hause sein werde, weil meine Eltern ihre Geburtstage feiern? Ich hätte ganz gemütlich ins Wahllokal gehen können ...
So überlege ich hin und her, und wie so oft kommt die beste Idee beim Duschen. Eine kurze Prüfung noch und, ja, das funktioniert! Ich wandere morgen an den Bahnhof Linsburg, steige dort in die S-Bahn und bin eineinhalb Stunden später in Barsinghausen. Dort mache ich einen Pausentag, fahre am Samstag nach Linsburg zurück und setze meine Wanderung fort. So klappt es auch für Karin und Ralf. Wieder ist ein Problem elegant gelöst.
Davor steht aber der Rest des Tages, also die Wanderung von Haßbergen über Niendorf nach Linsburg. Es wäre kürzer, direkt zur S-Bahn zu gehen, aber Nienburg soll ganz nett sein. Außerdem läuft es heute wieder eher schlecht bei mir, fast schleppe ich mich, kämpfe schon von Anfang an um jeden Kilometer. Daher freue ich mich auf eine längere Pause in Nienburg. Dort angekommen spricht mich ein älterer Herr an: "Sie sind ein Fernwanderer!", stellt er ohne weitere Anrede fest. Er wirkt sympathisch und ist begeistert von meiner Idee, Deutschland von Nord nach Süd zu durchwandern. Dann erzählt er, dass er vor zehn Jahren mit seiner Frau ebenfalls einige mehrwöchige Wanderungen unternommen hat. Obwohl ich im gestehe, das Elke gestorben ist, redet er munter drauf los und schwärmt mehrmals davon, wie schön es ist, Wanderungenzu zweit machen zu können. Auch wenn ich ihm das natürlich gerne glaube, ist es alles andere als schön, immer wieder daran erinnert zu werden, dass ich Elke verloren habe. Manchen Menschen scheint an dieser Stelle die Empathie zu versagen. Wir verabschieden uns voneinander, indem er mir freundschaftlich auf die Schulter klopft. Ich finde ein nettes, inklusives Restaurant am Weserufer.
Danach geht es etwas besser mit dem Wandern, die Wege werden auch wieder schöner. Eine Pause nutze ich für ein Nickerchen im Gras. Später bringt mich die S-Bahn zu Karin und Ralf. Wir gehen am Abend indisch essen, ich bin so hungrig, dass ich gleich zwei Hauptspeisen verdrücke. Danach unterhalten wir uns noch lange bei einem guten Glas Wein.
Es ist schön, so liebe Freunde zu haben!
24. Mai
Ruhetag. Ich verbringe die Zeit mit Wäsche waschen, wählen, planen, Ausrüstung durchtrocknen lassen, Paket packen ( es werden heimgeschickt: Kocher, Gaskartusche, Trockensuppen - das alles habe ich drei Wochen lang nicht benutzt, werde es also auch weiterhin eher nicht brauchen) und, besonders anstrengend - im wunderbaren Garten dösen.
25. Mai
Es fällt mir schwer, mich wieder auf den Weg zu machen. Trotzdem sitze ich bald im Zug zurück nach Linsburg, zum Glück spielt das Wetter mit; gestern Abend hat es noch heftig geregnet, heute strahlt die Sonne wieder.
In Linsburg laufe ich an einer gewaltigen Eiche und einer winzigen Kirche vorbei in den Wald. Ein paar hundert Meter vor mir laufen zwei ältere Damen, die ebenfalls mit Rucksack bepackt sind und feste Wanderstiefel an den Füßen haben. Als sie stehen bleiben, um sich zu orientieren, kommen wir ins Gespräch. Sieglinde und Annemarie pilgern auf dem Roswithaweg. Sie suchen sich seit Jahren immer wieder solche Touren aus und sind sowohl wandernd als auch mit dem Fahrrad unterwegs. Wir unterhalten uns gut über unsere Strecke, über Politik, die schönen Wege, alles mögliche eben - und ruckzuck sind meine ersten 10 Kilometer heute marschiert. An einem Gasthof, der laut Internet geöffnet hat, lassen wir uns auf der Terrasse nieder und warten, ob wir bedient oder verjagt werden. Nach etwa einer Viertelstunde öffnet ein sehr netter Herr die Terrassentür, begrüßt uns herzlich und kündigt an, dass seine Frau gleich für die Bestellung kommt. So sitzen wir bald nicht nur gemütlich sondern auch mit kalten Getränken versorgt eine ganze Weile beisammen.
Nach der Pause trennen sich in Schneeren unsere Wege. Annemarie und Sieglinde suchen ihre Unterkunft, ich den Weg zum Steinhuder Meer. Der führt mich an einem Hof vorbei, auf dem der obligatorische Hund mich entdeckt. Bisher fand ich die Hofhunde eher unangenehm: Laut bellend, manchmal sehr aggressiv, verteidigen sie ihr Revier. Die Schilder, die an vielen Toren hängen, wirken sehr abschreckend und tun damit ihr Übriges. Der schneerener Hofhund beäugt mich und fängt an, mit dem Schwanz zu wedeln. Das heißt ja erstmal nichts, außer, dass der Hund erregt ist. Kein Zaun ist zwischen uns, der Hund ist allerdings an einer langen Leine festgemacht. Ich bin gespannt, was passiert. Der Hund schaut mich weiter an, packt dann seinen Ball und läuft erwartungsvoll zu mir. Da kann ich unmöglich widerstehen, auch wenn mir die zum Hof gehörende Großfamilie von der Terrasse her zusieht.
Etwas weiter Richtung Steinhuder Meer sitzt eine alte Dame in Ihrem Garten. Als sie mich sieht, singt sie mir aus zahnlosem Mund zu: "Das Wandern ist des Müllers Lust", und hat sichtlich Spaß dabei.
Die zwei Begegnungen motivieren mich für den Rest der Etappe.
Erst gegen 18 Uhr komme ich am Zeltplatz an und baue in Ruhe mein Nachtlager auf. Kaum habe ich im zum Campingplatz gehörenden Gourmettempel meine Currywurst bekommen, fängt es an zu regnen. Das war knapp.
Irgendwann nach etwa einer Stunde hört der Regen auf und ich spaziere noch zum See. Es ist wunderschön hier und erinnert mich mit den Kiefern und dem Sandstrand durchaus ein wenig an den einen oder anderen Ort am Mittelmeer.
26. Mai
Ich wache auf, weil die Sonne warm aufs Zelt scheint. Ich habe überhaupt keine Lust aufzustehen. Außerdem braucht das Zelt noch Zeit zu trocknen, es hat ja geregnet. Ich gönne mir noch ein paar Minuten, frühstücke mein Müsli und schlurfe dann in das Sanitärgebäude. Minimalpflege ist angesagt.
Heute liegen laut Plan 25 Kilometer vor mir; mal sehen, ob ich das schaffe. Die Versuchungen, einfach nicht weiter zu gehen, sind heute groß. Zum einen ist es hier sehr schön, zum anderen taucht auch noch eine Strandbar auf: Angenehme Atmosphäre, chillige Musik, es ist warm - hier könnte ich den ganzen Tag verbummeln. Es kostet einiges an Überwindung, aber ich werde mit einem fantastischen Weg durchs Moor belohnt.
Wieder einmal werde ich angesprochen: Ein älterer Herr erkundigt sich, ob ich das Steinhuder Meer umrundet habe. Auf meine Rückfrage informiert er mich, dass das 32 Kilometer seien. "Zu viel für mich für einen Tag", erwidere ich. Und das stimmt auf jeden Fall für heute.
Etwas später sitze ich an einer Weggabelung, um zu entscheiden, ob ich nach Steinhude gehe, um dort Pause zu machen, oder ob ich mir die 5-6 Kilometer Umweg spare. Der ältere Herr von vorhin hat aufgeholt. "Unter uns: Steinhude!" Das wäre dann die dritte Empfehlung für den Ort, der dem See seinen Namen gab. Ich setze darauf, dass ich ein anderes Mal hierher komme und entscheide mich für die kürzere Strecke. Die Pause mache ich in Wunstorf.
Heute probiere ich eine neue Form der Übernachtung aus: 1nitetent.com ist eine Plattform, über die nette Menschen Wanderern, Pilgern, Radfahrern und ähnlichen Verrückten für eine Nacht einen Platz in Ihrem Garten anbieten. Einfach so.
Mike hatte ich per E-Mail kontaktiert, und wir blieben in Kontakt, bis ich bei ihm zu Hause ankomme. Er und seine Frau Birte lassen mich nicht nur in Ihrem Garten schlafen, sondern laden mich auch gleich noch zum Abendessen ein. Dabei erfahre ich, dass Mike sich erst vor kurzem bei 1nitetent registriert hat und ganz überrascht ist, dass sich so schnell jemand meldet. So schnell sogar, dass Birte erst mit meiner Anmeldung von Mikes Initiative erfährt ...
Wir unterhalten uns, bis es zu kühl wird, um länger auf der Terrasse zu sitzen. Mike erzählt Geschichten, die er während seiner Tätigkeit beim DLRG erlebt hat. So zum Beispiel von dem Mann, der drei Wochen lang vergisst, seinen Klappspaten aus dem Auto zu nehmen und ins Haus zu bringen. Dann benötigt er ihn auf einmal dringend, weil eine Frau verschüttet wurde. Während Passanten den Notruf wählen, fängt der Mann an zu graben. Später teilen ihm die Rettungskräfte mit, dass die Frau nicht überlebt hätte, hätte er nicht angefangen zu graben. Warum blieb der Spaten drei Wochen lang im Kofferraum?
Oder von dem Skipper, der noch mal eine Runde dreht, bevor er in den Hafen zurückfährt. Er trifft auf einen entkräfteten Schwimmer, der ihm gesteht, er hätte es nicht mehr zum Ufer geschafft. Warum dreht der Skipper noch eine Runde?
Irgendwie ist es unheimlich.
Ich darf bei Birte und Mike die Gästetoilette und die wunderbar warme Außendusche nutzen. Ich liebe es, im Freien zu duschen und dann auch noch warmes Wasser zu haben. Dann verschwinde ich im Zelt. Abgesehen von gelegentlichen Flugzeugen - in Hannover besteht kein Nachtflugverbot - ist es herrlich still.
27. Mai
Ich habe wohl Glück gehabt: Keine der Katzen hat mein Zelt markiert.
Um viertel nach sieben bin ich aufbruchbereit und verabschiede mich von den Zeltplatzgebern; die beiden müssen zur Arbeit.
Birte und Mike - vielen Dank für die Gastfreundschaft!
Vor dem Frühstück bringe ich die ersten sechs Kilometer hinter mich. Dann finde ich ein trockenes, sonniges Plätzchen am Wegrand, lasse mich nieder, und bereite mir ein königliches Wanderermahl: Cashewkerne, Schokomüsli und warme H-Milch. Kaum bin ich mit den Vorbereitungen fertig, fährt ein Traktor an den Feldrand mir gegenüber. Er hat rechts und links weit ausladende Gestelle. Einfach riesig und etwas einschüchternd. Etwa 10 m vor mir hält das Ungetüm und hat mir das Hinterteil mit den Gestellen zugewandt, die bestimmt sieben oder acht Meter nach rechts und links herausragen. Wie waagrecht liegende Kräne.
"Der wird doch nicht ...?", denke ich. Doch. Natürlich wird er. Der Landwirt sprüht sein Feld ein, mit was auch immer. Gesund ist das sicher nicht. Ich überlege kurz, ob ich mein Frühstück unterbrechen soll, und entscheide mich schnell dagegen. Als ich wieder unterwegs bin, entdecke ich kurze Zeit später eine richtig schöne Pausenecke mit einer gemütlichen Bank und einem soliden Holztisch ...
Im großzügigen Zickzack geht es weiter über Bahnschienen und eine Bundesstraße sowie unter einer Autobahn durch. Schließlich erwartet mich eine erste ernsthafte Steigung: Es geht den Deister hoch. Der Deister ist ein Höhenzug etwa 20 km südwestlich von Hannover. 21 Kilometer lang und immerhin etwas über 400 Meter hoch, ist er ein Ausflugsziel und Naherholungsgebiet für die Einwohner der umliegenden Ortschaften.
Oben angekommen genieße ich einmal mehr die warme Sonne, gute Luft und die Abwesenheit jeglichen Zivilisationsgeräusches.
Jetzt sind es nur noch ein paar wenige Kilometer, bis ich zurück bin in Barsinghausen. Und bis ich noch einmal Gast sein darf bei Karin und Ralf. Vielen Dank euch beiden!
28. Mai
Wenn ich nur wüsste woran es liegt: Heute bin ich topfit. Am Ende habe ich die 18 Kilometer nach Springe ohne nennenswerte Pause hinter mich gebracht.
Ab Barsinghausen geht es erst einmal bergauf - 6 Kilometer lang. Die Strecke auf dem Deisterkamm ist sehr schön, es ist kühl, sonnig, manchmal bewölkt. Zweimal suche ich vor einem kurzen Schauer Schutz.
Ein Kamm braucht Zinken. Die Zinken des Deisterkamms sind etwa zehn Türme. Zwei davon sind Ausflugsziele, die anderen dienen der Unterstützung des Luftverkehrs.
Ich bin früh in Springe und freue mich an einem Weg, der von der Straße durch einen breiten, dicht bewachsenen Grünstreifen getrennt ist. Und danach freue ich mich an einem leckeren Cappuccino und einen Muffin - die Belohnung des Tages!
Der Rest desselben vergeht nach einer Besichtigungstour durch Springe mit einkaufen, essen, bloggen und schlafen.
29. Mai
Ich bin früh unterwegs. Nach einem Einkaufsstop im Supermarkt liegt Springe auch schon hinter mir. Das Wetter ist zum Wandern richtig gut: Bewölkt, knapp 20 Grad warm und leicht windig. Und schon fliegt mir der Hut vom Kopf. Was der starke Wind in Schleswig-Holstein nicht geschafft hat, schafft der Luftzug eines vorbei brausenden LKWs. Ab da halte ich den Hut lieber fest, wenn ein Laster an mir vorbeirast. Womöglich wundern sich die Fahrer, denken, ich grüße. Oder zaubere wie eine Art moderner, ziemlich leger gekleideter Pan Tau. Kennt den noch jemand, oder werde ich doch alt?
Zum Glück geht der Weg bald weg von der Landstraße und ich habe die Welt wieder für mich. Im Dreieck Volksen, Gestorf, Eldagsen - das nur zur groben Orientierung - liegt das Rittergut Bockerode. Ich traue mich nicht, auf den Hof zu gehen, aber was ich sehe, beeindruckt mich sehr. Bockerode ist etwa 500 Jahre alt und begann als Schloss. Wie so oft hat ein Feuer dem Schloss ein Ende bereitet, und so wurde Anfang des 17. Jahrhunderts der Kern des heutigen Herrenhauses errichtet. Heute werden auf dem umgebenden Land Kartoffeln, Zuckerrüben und Getreide angebaut. Mich fasziniert das Anwesen.
Da es ein wenig zu regnen beginnt, stelle ich mich unter das Dach einer verfallenden Scheune. Allerhand verstaubtes Gerät unterschiedlichsten Alters ist hier zu finden durch die Löcher im Dach kommt nur wenig Regen. Glück gehabt. Bald geht es weiter, und als ich eine kleine Anhöhe erklimme, sehe ich düstere Wolken, aus denen der Regen strömt, hinter mir. Es wird spannend: Zieht der Regen an mir vorbei, oder erwischt er mich? Die Überlegung ist ebenso müßig wie kurz, die ersten Tropfen fallen. Das einzige, das etwas Schutz verspricht, ist eine schmale, dennoch recht dicht gewachsene Hecke. Ich finde eine Lücke, die für mich groß genug zu sein scheint, drehe mich mit dem Rücken zur Hecke und parke rückwärts ein. Und schon legt der Regen richtig los. Gerade noch rechtzeitig habe ich meinen notdürftigen Unterschlupf bezogen. Natürlich werde ich trotzdem nass. Bald klebt die Hose wieder auf der Haut. Es donnert zweimal kräftig direkt über mir, später dann etwas weiter rechts. Mindestens das Gewitter ist weitergezogen, dann hört auch der Regen auf und ich kämpfe mich aus der Hecke. Es sieht bestimmt lustig aus, wie ich aus dem Nichts auftauche ...
Als ich kurz danach einen Hügel hinauf auf einen Wald zugehe, höre ich von dort ein Geräusch, das ich nicht einsortieren kann. Der "Eingang" in den Wald wirkt düster, und je näher ich komme, desto lauter wird das Geräusch. Was ist das? Insekten? Dann müsste schon eine große Menge sein. Ein Riesenschwarm. Als ich den Wald erreiche, will ich es erst gar nicht glauben: Das Geräusch kommt von den Tropfen, die von den Blättern fallen. So komme ich das zweite Mal in einen Regen, denn genau das passiert: Es regnet im Wald. Und nur im Wald. Verrückt.
Schließlich ist es nicht mehr weit bis Burgstemmen, wo ich heute übernachten werde. Die Dame des Hauses begrüßt mich sehr nett, ich beziehe mein Zimmer und verlasse es nicht mehr bis zum nächsten Morgen. Außer duschen, etwas essen und Tagebuch schreiben für den Blog ist heute nicht mehr viel von mir zu erwarten.
30. Mai
Gleich hinter Burgstemmen geht es wieder in den Wald hinein. Und es geht bergauf. Ich werde heute lange das Gefühl haben, immerzu bergauf zu wandern. Am Ende stimmt das sogar: Es geht 520 Meter hoch, und nur 510 Meter runter. Ich bin am Abend also 10 Meter höher als am Morgen ...
Gleichzeitig ist das heute die bislang höchste "Bergetappe". Alpen passt auf, ich komme!
Außerdem laufe ich ein gutes Stück den Fernwanderweg "Calenberg-Harz" entlang, es ist richtig schön hier. Immer wieder habe ich einen tollen Ausblick durch den Wald. Was ich da sehe, ist allerdings nicht nur schön: Regen kommt auf mich zu. Ein Blick auf die Karte verrät mir, dass ich in etwa 3 Kilometern Unterschlupf finden kann: Der Hildesheimer Turm bietet außer einem sicher fantastischen Ausblick auch eine Gastronomie an. Wieder einmal laufe ich mit dem Wetter um die Wette. Als ich schließlich beim Turm ankomme, stelle ich fest, dass die Eile umsonst war. Erstens regnet es doch nicht Und zweitens haben Turm und Gastronomie am Freitag, Samstag und Sonntag geöffnet. Heute ist Donnerstag.
Also nehme ich Kurs auf mein eigentliches Pausenziel, ein Café in Diekholzen. 200 Meter vor dem Café setzt dann doch der Platzregen ein. Pudelnass trete ich ein.
Einen Cappuccino, ein Stück Kuchen und ein Kapitel des Blogs später fühle ich mich gerüstet für die letzten 9 Kilometer des Tages. Kaum trete ich aus dem Haus, fängt der Regen erneut an. Es hilft ja nichts: Wenn ich heute ankommen will, darf das bisschen Regen mich nicht abhalten, es sind ja doch immer nur kurze Schauer. Eine Stunde später suche ich Schutz in der Tosmarhütte. Ich will den Rest des Schauers abpassen. Als mir wiederum eine Stunde später zu kalt wird, entscheide ich, doch im Regen weiterzugehen. Es wird schwieriger, den Pfützen auszuweichen, und irgendwann sind auch die egal. Sicher hört der Schauer gleich auf. Nach einer weiteren Stunde erreiche ich das Ortseingangsschild von Bad Salzdetfurth. Der Schauer hört nach etwa 3 Stunden auf. Na also, wusste ich es doch.
Ziemlich nass und mit verdreckten Wanderstiefeln klingele ich bei meiner Cousine Ulrike. Im Keller hänge ich erstmal meine Klamotten inklusive Zelt, Schlafsack und Rucksack auf. Dann lasse ich mich von Ulrike mit einem tollen Abendessen und heißem Tee verwöhnen. Vielen Dank, Uli!
31 Mai
Ein fauler Tag beginnt, den ich unter anderem im Bad Salzdetfurther Solebad verbringe. 30 Grad warmes Salzwasser macht mich nahezu schwerelos; Massagedüsen kneten Waden, Oberschenkel und Schultern kräftig durch; die Sauna entspannt mich komplett.
Sehenswert ist der Blick der Dame am Empfang des Solebades: Ich leihe mir alles aus, was ich für den Besuch des Bades benötige: Badehose, Badeschuhe, Badetücher. Gebe ich ihr meinen Personalausweis. Als ihr Blick auf das Passfoto fällt - Andreas ohne Bart - lachen wir beide gleichzeitig auf.